Das Gedicht "Siehst du die Stadt?" von Hugo von Hofmannsthal gehört nur insofern zum Thema "Expressionismus", als es einen Gegenpol markiert.
Wir zeigen hier, was das Besondere und eben ganz Andere an diesem Gedicht ist.
Hugo von Hofmannsthal
Siehst du die Stadt?
01 Siehst du die Stadt, wie sie da drüben ruht,
02 Sich flüsternd schmieget in das Kleid der Nacht?
03 Es gießt der Mond der Silberseide Flut
04 Auf sie herab in zauberischer Pracht.
05 So geisterhaft, verlöschend leisen Klang:
06 Sie weint im Traum, sie atmet tief und schwer,
07 Sie lispelt, rätselvoll, verlockend bang...
08 Der laue Nachtwind weht ihr Atmen her,
09 Die dunkle Stadt, sie schläft im Herzen mein
10 Mit Glanz und Glut, mit qualvoll bunter Pracht:
11 Doch schmeichelnd schwebt um dich ihr Widerschein,
12 Gedämpft zum Flüstern, gleitend durch die Nacht.
(1890)
Beginnen wir mit einer ersten grafischen Bearbeitung:
Die grüne Farbe steht dabei für harmonisch wirkende Elemente,
die rote für problematische, vielleicht sogar gefährliche.
Die gelbe Farbe steht für Elemente, die sowohl positiv als auch negativ oder problematisch sein können.
Erste Beobachtungen und Anmerkungen:
Hinweis für den Unterricht:
Man kann dieses Gedicht gut vergleichen mit "Die Stadt" von Lichtenberg. Dann hat man einmal eine "alte", noch fast romantische Sicht, zum anderen eine moderne, die schon Züge des Expressionismus zeigt.
Alfred Lichtenstein
Die Stadt
01; Ein weißer Vogel ist der große Himmel.
02: Hart unter ihn geduckt stiert eine Stadt.
03: Die Häuser sind halbtote alte Leute.
04: Griesgrämig glotzt ein dünner Droschkenschimmel.
05: Und Winde, magre Hunde, rennen matt.
06: An scharfen Ecken quietschen ihre Häute.
07: In einer Straße stöhnt ein Irrer: Du, ach, du –
08: Wenn ich dich endlich, o Geliebte, fände...
09: Ein Haufen um ihn staunt und grinst voll Spott.
10: Drei kleine Menschen spielen Blindekuh –
11: Auf alles legt die grauen Puderhände
12: Der Nachmittag, ein sanft verweinter Gott.
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